Elektrosmog im PKW
An keinem Ort, an dem wir uns regelmäßig im Alltag aufhalten, sind so viele elektrische bzw. elektronische Komponenten in so geringem Abstand von uns verbaut, wie im PKW. Da diese aber sehr gut optisch versteckt bzw. schwer in der Fahrgastzelle unmittelbar wahrnehmbar sind, fallen sie uns kaum auf.
Die meisten von uns sehen in einem PKW ein vorwiegend mechanisch arbeitendes Gebilde. Energie aus dem Kraftstoff wird im Motor in Bewegungsenergie umgewandelt und bringt uns von A nach B. Was viele vergessen ist, dass ein moderner PKW längst keine rein mechanische Maschine mehr, sondern in großem Maße von Elektrik und Elektronik abhängig ist. 40% der Kosten eines Fahrzeugs entfallen heute auf elektrische Komponenten. Dieser Anteil ist über die Jahre kontinuierlich gestiegen.
Ein durchschnittlicher VW hatte im Jahr 1998 ca. 10 elektronische Steuergeräte, heutzutage liegt die Zahl bei fast 100. Ein Faktum, das dazu geführt hat, dass man einen PKW heute selbst praktisch nicht mehr reparieren kann, sondern auf den Hersteller bzw. dessen Vertragswerkstätten angewiesen ist, die alleinigen Zugang zur nötigen Diagnosesoftware haben. Und wohlgemerkt: wir sprechen hier nicht von Elektroautos, sondern von Fahrzeugen mit herkömmlichem Verbrennungsmotor.
Ein modernes Fahrzeug enthält mehr Kabel-Kilometer als ein Einfamilienhaus. Diese verlaufen in der Karosserie versteckt (z.B. im Unterboden oder den Hohlwänden der Fahrzeugtüren) und können sogar zwischen zwei Ausstattungsvarianten eines Fahrzeugmodells derselben Baureihe variieren. Die Elektrik im Fahrzeug erzeugt nieder- bis mittelfrequente Felder, und zwar je nach Fahrzeugmodell so stark, dass sensible Menschen es in besonders elektrosmogbelasteten PKWs nicht längere Zeit lang aushalten können. Typische Kennzeichen sind Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, aber auch gesteigerte Aggression.
Und wir sprechen hier wohlgemerkt nicht von Menschen, denen generell das Autofahren nicht gut tut. Nein, diese Symptome treten durchwegs nur in besonders belasteten PKWs auf. Ein Mitfahren in wenig belasteten Fahrzeugen ist für die Betroffenen hingegen kein Problem, wie wir aus vielen Kundenerfahrungen gelernt haben. Es gibt Menschen, die von Jahr zu Jahr zunehmender Aggression im Straßenverkehr sprechen und dies u.a. auch auf den steigenden Elektrosmog in den Fahrzeugen zurück führen. Wir erinnern uns: die Hauptschadwirkung von Elektrosmog im Körper ist Stress, der leicht zu Aggression führen kann.
Ausgebaute Kabel eines PKWs: Die ca. 100 elektronischen Steuergeräte eines heutigen Fahrzeugs werden durch Entwicklungen wie vernetztes, semiautonomes und autonomes Fahren in Zukunft noch deutlich mehr werden.
Welche Fahrzeugmodelle sind besonders elektrosmogarm?
Wir bekommen immer wieder Anfragen, welche Fahrzeugmodelle besonders elektrosmogarm sind. Leider lassen sich darauf keine sinnvollen Antworten geben, sondern bloß Faustregeln aufstellen. Zu unterschiedlich ist die Belastung zwischen verschiedenen Fahrzeugvarianten, was z.B. damit zu tun hat, dass die Kabelbäume je nach Ausstattungsvariante und Baureihe deutlich variieren können. Ein wichtiger Einflussfaktor ist die Art der Kabelführung zwischen Batterie und Generator (Ihnen wahrscheinlich besser unter dem Namen Lichtmaschine bekannt), sowie die Lage der Batterie im Fahrzeug. Sie muss nicht zwingend im Motorraum eingebaut sein, sondern kann auch im Kofferraum oder unter dem Beifahrerfußraum verbaut sein. Es lässt sich auch nicht sagen, der eine Hersteller sei besser als der andere in Bezug auf Elektrosmog. Lediglich diese beiden groben Regeln haben sich über die Jahre aus unserer Erfahrung als häufig zutreffend erwiesen:
1) Dieselfahrzeuge zeigen im Schnitt eine niedrigere Belastung als Benziner. Dies hat damit zu tun, dass Diesel Selbstzünder sind, Benzinmotoren aber Zündkerzen benötigen, die einen wiederholten Hochspannungsimpuls erzeugen. Bei der Funkenbildung kommt es zur Abstrahlung von Hochfrequenz. Übrigens nutzte man im frühen Radiozeitalter diesen Effekt gezielt, um Radiowellen zu erzeugen. Nun wissen Sie, wovon sich das Wort Rundfunk ableitet.
2) Die Oberklasse ist im Schnitt stärker belastet als die Mittelklasse und die wiederum stärker als Billigautos. Dies ist nicht verwunderlich: Je teurer ein Fahrzeug, desto mehr Komfort- und Sicherheitsfunktionen bietet es. Und diese bedeuten mehr Elektronik im Fahrzeug. Wenn Sie also das nächste Mal mit Neid (oder Bedauern) eine Luxuskarosse auf der Straße sehen, denken Sie sich „Du magst zwar reich sein, aber dafür sitzt Du in viel mehr Elektrosmog. Und wie wir alle wissen: Gesundheit kann man sich nicht kaufen.“
Besonders der 2. Punkt war bislang für elektrosensible Menschen der Grund, sich ein möglichst günstiges und einfaches Fahrzeug zuzulegen. Allerdings wird diese Regel nur mehr in abgeschwächter Form gelten, da EU-Vorschriften ab 2021 aus Gründen der Verkehrssicherheit zwingend eine Reihe von elektronischen Systemen in allen PKWs, aber auch LKWs und Bussen vorschreibt. Dann werden auch die günstigsten Fahrzeuge deutlich mehr Elektronik eingebaut haben.
Ein Hauptproblem für diejenigen, die das Thema Elektrosmog bei der Kaufentscheidung eines PKWs berücksichtigen wollen, ist, dass es kaum Messungen in unterschiedlichen Fahrzeugmodellen gibt, im Gegensatz zu Smartphones, wo die Auswahl deutlich leichter fällt. Wenn man elektrosensibel ist, bleibt zumindest ein Praxistest bei einer Testfahrt vor dem Kauf als Möglichkeit. Die Unterschiede sind enorm. Wir hören immer wieder von Kunden, dass es im einen Modell überhaupt nicht auszuhalten ist, während das Fahren im anderen Modell kein Problem darstellt.
Ein moderner PKW hat ein Dutzend und mehr Antennen für die verschiedensten Zwecke eingebaut
Einerseits sind das Antennen, die nur empfangen, wie z.B. Radio- und Fernsehantennen, sowie GPS-Antennen. Andererseits gesellen sich dazu Antennen mit Sende- und Empfangsfunktion für die diversen Mobilfunkbänder, WLAN und Bluetooth zur Versorgung des Fahrzeuginneren, sowie Radarantennen für die Hinderniserkennung. Vielen schwächeren Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern und Radfahrern ist nicht bewusst, dass sie schon seit Jahren durch das Hinderniserkennungs-Radar von PKWs belastet werden. Am Land mag das kaum von Bedeutung sein, im dichten städtischen Verkehr aber sehr wohl.
In Zukunft wird die Belastung durch autonomes bzw. semiautonomes Fahren deutlich steigen, dann werden Fahrzeuge mit verschiedenen „Partnern“ funktechnisch kommunizieren. Dieses Prinzip, das unter dem Namen „V2X“ läuft („vehicle to everything“, also das Fahrzeug, das mit allem kommuniziert), sieht vor, dass mit anderen Fahrzeugen sowie Fußgängern und Objekten wie Ampeln und Verkehrsschildern per Funk kommuniziert wird. Der neue VW Golf 8 hat beispielsweise schon V2X-Antennen an Bord, die auf einer Variante von WLAN (WLANp) basieren.
Falls Sie sich wundern, warum man all die Antennen im Fahrzeug nicht sieht: Dafür ist die weiterentwickelte Antennentechnologie verantwortlich. Während man z.B. früher eine metallische Radioantenne am Fahrzeug sah, ist diese heute häufig in das Glas der Heckscheibe integriert. Ähnliches gilt für andere Antennen im Auto. So werden Antennen am Dach unter Kunststoffabdeckungen untergebracht, die sich sehr gut optisch in die Karosserie einfügen und daher kaum wahrnehmbar sind.
Literatur:
[1] Joseph, W., et al. Comparison of personal radio frequency electromagnetic field exposure in different urban areas across Europe. Environmental Res 110(7): 658–63.
[2] Pischinger, S., & Seiffert, U. (2016). Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik, Kapitel 8: „Elektrik/Elektronik/Software“. Basingstoke, England: Springer.
[3] Reif, K. (2011). Bosch Autoelektrik und Autoelektronik: Bordnetze, Sensoren und elektronische Systeme. Berlin, Germany: Springer-Verlag.
[4] Pandey, A. (2019). Microstrip and Printed Antennas: Applications-Based Designs, Kapitel 13: „Automotive Antennas“. Artech House.
[5] Problematik erhöhte Strahlungsbelastung durch Zellwechsel: J. Wiart, et al. (2000). Analysis of the influence of the power control and discontinuous transmission on RF exposure with GSM mobile phones. IEEE Transactions on Electromagnetic Compatibility, vol. 42, no. 4, pp. 376-385, Nov. 2000.
„Elektrosmog im PKW“ als pdf-Datei:
Hochfrequenz-Belastung einer Wohnung im urbanen Gebiet verglichen mit der Belastung in einem PKW: Die Belastung im PKW ist im Schnitt ca. 5 x höher. Die Gründe dafür lesen Sie in diesem Artikel. Die Zahlen für die Belastungen ergeben sich aus der meistzitierten Studie zu diesem Thema, in der hunderttausende Messungen in verschiedenen Umgebungen des Alltags in Europa durchgeführt wurden. Siehe [1].
Mobilfunkgeräte in Bewegung erzeugen zeitlich wiederkehrende Spitzen in der Strahlungsleistung, die durch sog. Zellwechsel bedingt sind. Im Bild sehen Sie die Strahlungsleistung eines Handys in Abhängigkeit von der Zeit während eines Intervalls von 6 Minuten auf einer Autobahnfahrt. Die Zellwechsel sind sehr gut anhand der 12 Strahlungsmaxima (Spitzen im Diagramm) zu erkennen. Dabei schaltet das Handy auf volle Strahlungsleistung. Im Schnitt kam es bei dieser Fahrt zu 2 Zellwechseln pro Minute, d.h. das Handy strahlte im Mittel alle 30 Sekunden mit voller Sendeleistung aufgrund eines Zellwechsels, auch ohne aktive Benutzung des Handys. Siehe [5].
Technisch wird ein bestimmtes geographisches Gebiet von einer zuständigen Basisstation (Mobilfunkantenne) versorgt. Verlassen Sie dieses Gebiet und treten in eines ein, das von einer anderen Basisstation versorgt wird, kommt es zum sog. Handover (Zellwechsel). Ihr Handy ist relativ intelligent, d.h. passt seine Strahlungsleistung normalerweise an die Umgebung an. Beim Zellwechsel aber strahlt es mit voller möglicher Leistung, um einen sicheren Zellwechsel zu garantieren. Sind Sie nicht in Bewegung, sind diese Zellwechsel für Sie nicht relevant. Bei schneller Bewegung jedoch, z.B. bei einer Auto- oder Bahnfahrt, führen die vielen Wechsel dazu, dass Sie immer wieder Strahlungsspitzen abbekommen.
Früh übt sich die Smartphone-Verwendung im PKW.